Die geschichtliche Entwicklung des Jugendzentrum Hammerschlag
Ende der 60er Jahre entstand in Schorndorf durch Engagement und Verantwortungsbereitschaft von Jugendlichen ein selbstverwaltetes Jugendzentrum, dessen damaliges Organisationsstatut zum Modell vieler selbstverwalteten Jugendzentren wurde.
Das Vorhaben in Schorndorf ein öffentliches Jugendzentrum einzurichten ist schon sehr alt. Der Stadtjugendring beschäftigte sich mit dieser Idee schon seit seiner Gründung im Jahre 1949. Das Vorhaben scheiterte aber lange auf Grund des mangelnden Interesse bei den Mitgliedern des Stadtjugendrings und der Stadt Schorndorf, sowie wegen fehlender Finanzen.
Im Jahr 1968 erwarb die Stadt Schorndorf bei einer Zwangsversteigerung eine alte Möbelfabrik und bot diese dem damaligen Stadtjugendring an. Grund hierfür war die aufkommende Forderung von Seiten der Jugendlichen nach einem Jugendzentrum. Das Gebäude sollte mit Mitteln der Stadt Schorndorf, des Kreises und des Landes unter der Leitung des Stadtjugendringes umgebaut werden. Am 10.07.1968 beschloss der Stadtjugendring dieses Angebot anzunehmen. Der Stadtjugendring orientierte sich allerdings bei seinen Vorstellungen und der Raumplanung an seinen Mitgliedsgruppen und ließ die unorganisierten Jugendlichen fast völlig außer Acht. Dadurch war es dem Stadtjugendring unmöglich das Projekt weiterzuentwickeln und viele Jugendliche anzusprechen. Die Vorstellungen des Stadtjugendrings waren u.a. Gruppenabende für Vereine anzubieten, sowie Werk- und Bastelangebote zu schaffen. Vor allem aber fehlten sozial- und bildungspolitische Gesichtspunkte.
Im Februar 1968 wurde in Schorndorf der Club Manufaktur – Forum für Politik und Kultur – gegründet. Der Club Manufaktur trat in den Stadtjugendring ein und bewirkte dort die Bildung neuer politischer Arbeitskreise. Er bildete somit die Basis für alle politischen und anderen Aktivitäten, die vor allem durch die Ereignisse der Studentenbewegung angeregt wurden. Außerdem bot der Club Räumlichkeiten, sowie überhaupt einen Treffpunkt.
Im Jahre 1970 gründete eine Gruppe von unorganisierten Jugendlichen, vor allem Gymnasiasten, einige waren auch bei den Jungsozialisten, den Arbeitskreis Hammerschlag (AKH). Durch diese Jugendlichen begann der entscheidende Anfang für die Entwicklung des Jugendzentrums.
Um weitere Jugendliche anzusprechen wurden Konzerte im provisorisch eröffneten Jugendzentrum durchgeführt. Diese Konzerte hatten vor allem Informationscharakter, um die Besucher über die Ziele und die Arbeit der Jugendzentrumsinitiative zu unterrichten. Das Ziel dieser Initiative war ein unabhängiges Jugendzentrum, in dem die Jugendlichen ohne Einmischung der Stadt Schorndorf und der Erwachsenen ihre Freizeit selber gestalten konnten.
Eine der wichtigsten Aufgaben war nun die Erstellung eines Raumplanes, der den eigenen Bedürfnissen dieser Jugendlichen entsprach und die Ausarbeitung der Zielvorstellungen. Durch Unterstützung eines Architekten wurde der neu ausgearbeitete Raumplan in einer öffentlichen Sitzung des Stadtjugendringes im Januar 1971 beschlossen. In dieser Zeit wurden auch Kontakte zu anderen Gruppen wie u.a. dem politischen Arbeitskreis Schulen und dem Lehrlingszentrum Schorndorf geknüpft.
Da der Stadtjugendring Träger des Jugendzentrums sein sollte, war es nun von Seiten der Jugendlichen des Jugendzentrums notwendig Einfluss im Stadtjugendring zu bekommen. Beim Stadtjugendring änderten sich durch Beitritte mehrerer „linker“ Gruppen die Mehrheitsverhältnisse zugunsten der Jugendzentrumsinitiative. Der Arbeitskreis Hammerschlag wurde dadurch als gleichberechtigter Partner im Gremium des Stadtjugendrings angesehen.
In regelmäßigen Sitzungen des Arbeitskreises Hammerschlag wurden nun von den Jugendlichen ein Organisationsstatut für das Jugendzentrum entwickelt, welches im Juni 1972 fast einstimmig vom Stadtjugendring verabschiedet wurde. In diesem Organisationsstatut wurde u.a. das Jugendzentrum als Institution zur Sozialisation von Jugendlichen mit sozial- und bildungspolitischem Charakter beschrieben, das die Selbstverwaltung als Grundlage hat.
Im Juni 1971 wurde mit dem Umbau der alten Fabrik begonnen. Der Club Manufaktur half dem Jugendzentrum zu der Zeit der Umbauarbeiten mit Räumlichkeiten für Sitzungen aus. Diese Umbauarbeiten wurden zum größten Teil in Eigenleistung durchgeführt.
Ab März 1973 wurden im Jugendzentrum wieder Konzerte durchgeführt, um den Kontakt zu anderen Jugendlichen, die am Umbau nicht beteiligt waren, wieder herzustellen. Diese sollten nun so weit wie möglich an Planungen und Aktivitäten beteiligt werden, auch wenn die Bauarbeiten noch liefen. Wichtig war dabei, dass viele Jugendliche lernten, wie sie mit dem Jugendzentrum umgehen konnten und dass sie es auch als ihr Jugendzentrum begreifen sollten.
Zu diesem Zeitpunkt war die rechtliche Festlegung der Beziehung zwischen der Stadt Schorndorf und dem Jugendzentrum, d.h. u.a. die Festschreibung der Selbstverwaltung und die Finanzierung, noch ungeklärt. Diese Frage wurde erst im Jahr 1977 nach langwierigen und kräfteverschleißenden Verhandlungen, Sitzungen und Diskussionen geklärt. 1973 wurde vom Jugendzentrum der Generalvertrag eingebracht, welcher vom Stadtjugendring und Arbeitskreis Hammerschlag erarbeitet wurde. Nach diesem Generalvertrag soll die Stadt Schorndorf dem Stadtjugendring das Jugendzentrum zur Verfügung stellen, auch sollte der Stadtjugendring Träger des Jugendzentrums sein. Die Stadt Schorndorf legte ihrerseits eine Satzung vor, mit der Absicht die Trägerschaft des Jugendzentrums selbst zu übernehmen. Im Dezember 1973 trafen sich Vertreter des Stadtjugendrings, des Arbeitskreises Hammerschlag und der Stadtverwaltung zu einem ersten Verhandlungsgespräch. Ziel dieses Zusammentreffens war, einen Kompromiss über die Rechtsform des Jugendzentrums zu finden. Weitere Verhandlungsgespräche folgten. Im Juni 1974 nahm zum ersten Mal Oberbürgermeister Bayler daran teil. Durch ihn wurde eine Zusammenarbeit unmöglich. Er meinte, dass ihm diese Verhandlungen zu lange dauern und erklärte das Jugendzentrum kurzerhand zu einer nichtselbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts, d. h. das Jugendzentrum soll voll der Stadt Schorndorf unterstellt sein und wollte zu einer sofortigen Entscheidung darüber gelangen. Im Juli 1974 schließt sich der Gemeinderat der Meinung des Stadtjugendrings und des Arbeitskreises Hammerschlag an, dass eine frühe Entscheidung zu diesem Zeitpunkt nicht sinnvoll sei und lehnte es ab über die Rechtsform des Jugendzentrums gemäß dem Wunsch von OB Bayler abzustimmen. Im September 1974 legten dann Stadtjugendring und Arbeitskreis Hammerschlag einen ersten Kompromissvorschlag für die Rechtsformverhandlungen vor, auf den von Seiten der Stadt Schorndorf zwei Monate lang keine konkrete Antwort zu hören war. Im Dezember 1974 sicherte dann die Stadtverwaltung dem Jugendzentrum die Überarbeitung des Kompromissvorschlages zu und wollte ihrerseits ebenfalls einen neuen Entwurf bis Januar 1975 vorlegen. Im Januar 1975 legten dann Stadtjugendring und Arbeitskreis Hammerschlag einen weiteren Entwurf vor, der auf den Wunsch der Stadtverwaltung einging, die Rechtsform des Jugendzentrum ausschließlich durch eine Satzung zu regeln. OB Bayler jedoch ignorierte diese beiden Vorschläge und entwarf seinerseits eine Satzung über die am 6. März 1975 im Gemeinderat abgestimmt werden sollte. Einen Tag vor dieser Entscheidung veranstalteten die Jugendlichen eine Demonstration, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Der Gemeinderat beschloss nun dieses Thema angesichts der bevorstehenden Kommunalwahlen am 20. April 1975 auf die Zeit nach den Wahlen zu verschieben. Bei diesen Kommunalwahlen wurde auch ein Mitglied des Arbeitskreises Hammerschlag (Werner Schretzmeier, SPD) in den Gemeinderat gewählt. Werner Schretzmeier legte dem Stadtjugendring und dem Arbeitskreis Hammerschlag im Mai 1975 einen Entwurf für ein Ultimatum gegenüber der Stadtverwaltung vor. Angesichts der offensichtlichen Verschleppung der Entscheidung durch die Stadtverwaltung sei es nun an der Zeit, politischen Druck auf die Stadt Schorndorf auszuüben. Er formulierte vier Forderungen an die Stadt Schorndorf:
- Fertigstellung der abgebrochenen Bauarbeiten
- Garantie eines jährlich ausreichenden Zuschusses
- Einstellung von mindestens zwei hauptamtlichen MitarbeiterInnen zu Bedingungen, die vom Arbeitskreis Hammerschlag und Stadtjugendring festgelegt werden
- Festlegung einer endgültigen Rechtsform für das Jugendzentrum, welche die Selbstverwaltung gewährleistete.
Falls diese vier Forderungen von der Stadt Schorndorf bis zum 31.12.1975 nicht erfüllt würden, sollten die Jugendlichen ihre Arbeit im Jugendzentrum niederlegen, bis ihre Forderungen erfüllt würden.
Die Wirkung des Ultimatums war sehr fragwürdig, da der Stadt Schorndorf die Arbeit im Jugendzentrum sowieso nicht gefiel. So wurde auf Drängen der jüngeren Aktiven im Jugendzentrum dieser Antrag verworfen und die Stadt Schorndorf zu neuen Verhandlungen aufgefordert. Der OB lehnte dies zunächst ab, so dass erst Ende 1975 wieder ein Gespräch stattfand. 1977 wurde dann das Thema Rechtsform des Jugendzentrums an einen Unterausschuss des Gemeinderates delegiert. Dieser legte einen Entwurf vor, der dann zusammen mit den Jugendlichen überarbeitet und vom Gemeinderat im März 1977 verabschiedet wurde.
Weitere Eingriffsversuche vor und nach dem Satzungsbeschluss war die Frage der SozialarbeiterInnen.
Im Sommer 1976 stellte die Stadtverwaltung einen Sozialarbeiter ein, ohne dass der Arbeitskreis Hammerschlag darüber informiert oder gar an der Auswahl beteiligt wurde. Der eingestellte Sozialarbeiter zog allerdings seine Bewerbung nach einem Gespräch mit dem Arbeitskreis Hammerschlag wieder zurück.
Im Anschluss an diesen Vorgang rief die Stadtverwaltung Schorndorf einen paritätisch aus Mitgliedern des Gemeinderates, Mitarbeitern des Arbeitskreises Hammerschlag und Vertretern der Stadtverwaltung zusammengesetzten Jugendzentrumsausschuss ins Leben. Dieser sollte Richtlinien darüber erarbeiten, nach welchen Kriterien die Offene Jugendarbeit neu geordnet, Weisungen vollzogen und Mitarbeiter eingestellt werden sollten.
Der nach langem Verhandeln aufgestellte Rahmenvorschlag wurde aber später von der Mehrheit des Gesamtgemeinderats wieder verworfen, nach dem die CDU-Fraktion im Februar 1978 eine Neuordnung des Jugendzentrums, als städtisches Jugendhaus forderte.
Die Auseinandersetzungen, die sich immer stärker auf die Regularien über die Einstellung von Sozialarbeitern konzentrierten, nahmen nach einer Podiumsdiskussion im Mai 1979 über die Offene Jugendarbeit, die innerhalb des Kommunalwahlkampfes organisiert wurde, eine überraschende Wende. Die Fraktionssprecher signalisierten ihr Einverständnis damit, dass das Jugendzentrum Ausschreibung und Einstellung von Mitarbeitern in eigener Regie vornehmen konnte.
Die Stellen wurden ausgeschrieben, nachdem die Verwaltung die Zusage gegeben hatte, dass der Arbeitskreis Hammerschlag die Ausschreibung und die diesbezügliche Textgestaltung selbst gestalten konnte.
Im September 1979 wurden dann ein Sozialarbeiter und eine Sozialarbeiterin eingestellt. Diese sollten sich vorwiegend der Arbeit mit jüngeren Jugendzentrumsbesuchern zuwenden und verstärkt im kreativen Bereich tätig werden. Ein halbes Jahr später kam es jedoch wieder zu Angriffsversuchen von Seiten der Stadt Schorndorf. Diese wollte die Arbeitsanweisung für die Sozialarbeiter übernehmen, da die Schwerpunktsetzung für die Sozialarbeiter durch den Arbeitskreis Hammerschlag, nicht den Vorstellungen der Stadtverwaltung entsprach. Jedoch konnte sich die Stadtverwaltung mit ihren Vorstellungen wenige Wochen vor den Gemeinderatswahlen im Gemeinderat nicht durchsetzen.
Nach der Gemeinderatswahl 1980 veränderten sich die politischen Mehrheiten, auch wurde der Sozialdemokrat Hanke zum Oberbürgermeister gewählt, was für das selbstverwaltete Jugendzentrum unbeeinträchtigte Weiterexistenz bedeutete.
Im Jahr 1986 entwarf die SPD-Fraktion ein Diskussionspapier Zur Neukonzeptionierung des Jugendzentrums. Diese Diskussion wurde allerdings durch die Reorganisation des Jugendzentrums und der Neubesetzung der Sozialarbeiterstellen nicht fortgeführt.
Nachdem zu Beginn der 90er Jahre mehrere Veranstaltungen „außer Kontrolle“ gerieten, zumindest aus der Sicht der örtlichen Presse und der Stadtverwaltung Schorndorf, wurde bei der Gemeinderatssitzung am 24. Juni 1993 die Satzung über die Rechtsform und den Betrieb des Jugendzentrums wie folgt eingeschränkt:
- Die hauptamtlichen Mitarbeiter werden der unmittelbaren Dienst- und Fachaufsicht des Bürgermeisteramtes unterstellt.
- Die ab 20.00 Uhr stattfindenden Veranstaltungen sind mit dem Bürgermeisteramt abzustimmen und die dafür Verantwortlichen sind zu benennen.
- Es wird ein generelles Alkoholverbot für das Jugendzentrum festgesetzt.
Des weiteren wurde das Bürgermeisteramt beauftragt eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Gemeinderatsfraktionen, der Offenen Jugendarbeit, der Jugendlichen selbst und der Stadtverwaltung zu bilden, mit dem Auftrag die Jugendarbeit im Jugendzentrum neu zu strukturieren.
Es fanden mehrere Sitzungen zur Neustrukturierung statt, bei denen es vornehmlich darum ging, ob das Jugendzentrum einen Trägerverein gründen oder als städtische Einrichtung betrieben werden sollte. Die Jugendlichen entwarfen ihrerseits eine Satzung zusammen mit den Sozialarbeitern, die als Verhandlungspapier in den Sitzungen zur Neustrukturierung diente.
Am 24. März 1994 wurde dann im Gemeinderat folgendes entschieden:
- Die vom Gemeinderat am 10. März 1977 erlassene Satzung über die Rechtsform des Jugendzentrums wird aufgehoben
- Die Stadt Schorndorf unterstützt einen zu gründenden Trägerverein, entsprechend dem Satzungsentwurf, der erarbeitet wurde.
Der Verein Jugendzentrum Hammerschlag e.V. wurde dann am 15.September 1994 gegründet.
Als Grundlage für das Mietverhältnis und der Zusammenarbeit mit der Stadt Schorndorf dient
der sogenannte Miet- und Kooperationsvertrag vom Mai 1995.
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